Die geplante Einführung von Patientenlenkung in Österreich bietet eine große Chance für die Stärkung und nachhaltige Entwicklung der primären Gesundheitsversorgung. Derzeit suchen viele Menschen direkt Fachärzt:innen oder Spitalsambulanzen auf – häufig auch in Fällen, die im niedergelassenen Bereich gut versorgt werden könnten. Das belastet das System unnötig und führt zu längeren Wartezeiten.
Anstatt verpflichtender Überweisungen setzt die Österreichische Gesundheitskasse nun auf Anreize: Wer zuerst eine Hausärztin oder einen Hausarzt aufsucht, soll durch finanzielle Vorteile – etwa bei der Rezeptgebühr – profitieren. Pilotprojekte starten 2026 unter anderem in der Steiermark, um diese neue Form der Steuerung zu testen.
Für Primärversorgungseinheiten (PVE) kann das ein echter Impuls sein: Sie werden als erste Anlaufstelle gestärkt und rücken damit stärker ins Zentrum der Versorgung. Wichtig ist allerdings, dass diese Strukturen gut ausgebaut sind – nur dann kann eine echte Entlastung des Gesamtsystems gelingen. Patientenlenkung darf also nicht isoliert gesehen werden, sondern muss mit dem Ausbau multiprofessioneller Teams, längeren Öffnungszeiten und einem niederschwelligen Zugang einhergehen.
Wenn das gelingt, kann die Reform ein Wendepunkt sein – weg vom fragmentierten Zugang, hin zu einer effizienten, patientenzentrierten und nachhaltigen Primärversorgung. Nur durch einen solchen ganzheitlichen Ansatz lässt sich das österreichische Gesundheitssystem zukunftsfit gestalten.
Eine flächendeckende und hochwertige Gesundheitsversorgung sollte nicht nur in Ballungsräumen selbstverständlich sein – auch in ländlichen Regionen benötigen Menschen verlässliche medizinische Betreuung. Primärversorgungseinheiten (PVE) bieten genau das: eine moderne, patientenorientierte Versorgung mit kurzen Wartezeiten und interdisziplinärer Zusammenarbeit.
Aktueller Stand der PVE in Österreich
Seit der Implementierung des ersten Primärversorgungszentrums im Jahr 2015 hat sich die Anzahl der PVE in Österreich stetig erhöht. Mit Stand März 2025 sind insgesamt 84 Primärversorgungseinheiten in Betrieb, darunter zwölf spezialisierte Kinder-PVE.
Die österreichische Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Anzahl der PVE bis 2025 auf 121 zu erhöhen. Hierfür werden 100 Millionen Euro aus EU-Fördermitteln bereitgestellt. Laut den regionalen Strukturplänen der Bundesländer sollen bis 2025 insgesamt 133 PVE errichtet werden.
Vorteile und Potenzial der PVE
Die Einführung und der Ausbau von PVE bringen zahlreiche Vorteile mit sich:
Bessere Erreichbarkeit: Durch die regionale Verteilung der PVE wird eine wohnortnahe medizinische Versorgung sichergestellt.
Längere Öffnungszeiten: Viele PVE bieten erweiterte Öffnungszeiten, auch an Tagesrandzeiten und Wochenenden, wodurch Patienten flexibler medizinische Leistungen in Anspruch nehmen können.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit: In PVE arbeiten Allgemeinmediziner:innen, diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen sowie weitere Gesundheits- und Sozialberufe eng zusammen, was eine ganzheitliche Betreuung der Patienten ermöglicht.
Entlastung der Spitäler: Durch die umfassende Betreuung in den PVE können Krankenhausambulanzen entlastet und Ressourcen effizienter genutzt werden.
Zukunftsperspektiven
Um den steigenden Anforderungen an das Gesundheitssystem gerecht zu werden, ist es essenziell, die Primärversorgung weiter zu stärken. Der Nachhaltigkeitsrat wird sich künftig noch intensiver mit dem Thema eines zukunftssicheren, nachhaltigen Gesundheitssystems auseinandersetzen. Eine starke Primärversorgung bildet die Grundlage für eine gesunde Gesellschaft und trägt maßgeblich zur Sicherstellung der medizinischen Betreuung in allen Regionen Österreichs bei.
Der kontinuierliche Ausbau der PVE zeigt das Potenzial nach oben und unterstreicht die Notwendigkeit, die Gesundheitsversorgung neu zu denken und zukunftsorientiert zu gestalten.